Die Dekarbonisierung des Stromsektors schreitet in vielen Ländern Europas rasant voran. Der Wärmesektor hingegen liegt zurück. In Deutschland beispielsweise stammt mittlerweile über 50 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen – laut Fraunhofer ISE lag der Anteil 2024 bei 62 % im öffentlichen Elektrizitätsmix (bzw. etwa 55 % im gesamten Stromverbrauch).
Von Jan Nintemann und Jochen Siegle; Foto: Nat, Unsplash
Im Wärmesektor hingegen liegt der Anteil erneuerbarer Energien aktuell bei lediglich 18,1 % (2024), wie das Umweltbundesamt berichtet. Da über die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs auf Heizung und Kühlung entfällt, ist klar: Ohne eine smarte, digital unterstützte Wärmewende sind die Klimaziele kaum erreichbar.
Digitale Technologien als Schlüssel zur Transformation
Daher setzen große Technologieanbieter wie Siemens auf ein Zusammenspiel aus:
- digitalen Zwillingen, die reale Netze simulieren, Engpässe frühzeitig erkennen und Betriebszustände optimieren.
- intelligenten Stromnetzen mit KI-gesteuertem Lastmanagement, das Verbraucher wie Wärmepumpen bei Bedarf automatisch reguliert. Solche Technologien könnten laut Simulationen die übertragbare Energiemenge theoretisch verdoppeln.
- Finanzierungsmodellen wie „Pay as you save“ oder Contracting, die Einstiegshürden senken – insbesondere für Kommunen und mittelständische Unternehmen.
Diese digitalen Tools ermöglichen Effizienzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich und ermöglichen ressourcenschonende Wärmeversorgung bei gleichzeitiger Netzstabilität.
Hybride Konzepte und smarte Kopplung
Der ganzheitliche Ansatz verbindet Wärmepumpen, Fernwärme, PV-Anlagen und Batteriespeicher in flexibler Weise. Solche hybriden Systeme machen Unternehmen unabhängiger von volatilen Energiemärkten und reduzieren den CO₂-Ausstoß – wie erfolgreiche Praxisbeispiele im Siemens Ökosystem zeigen.
Internationale Studien: Erkenntnisse für Europas Wärmewende
Doch die internationale Forschung zeigt, dass Technik allein nicht reicht:
- Die Studie „Understanding Intention to Adopt Smart Thermostats“ (2025) untersucht in fünf EU-Ländern die Bereitschaft zur Nutzung smarter Heiztechnologien. Ergebnis: Neben Funktionalität und Preis-Leistung spielen soziale Normen und Vertrauen eine zentrale Rolle – Technologie muss verständlich und zugänglich kommuniziert werden.
- Die Analyse „Mitigating heat demand peaks in buildings“ (2020) verdeutlicht, wie hybride Wärmepumpen, Speicherlösungen und Gebäudedämmung zusammenwirken können, um Winter-Spitzenlasten zu reduzieren. Diese Kombination kann laut Simulationen Energiekosten um bis zu 17 % senken und gleichzeitig Netze stabilisieren.
Warum internationale Kooperation essenziell ist
Die Wärmewende ist also keinesfalls ein nationales Projekt. Energie-Infrastrukturen, digitale Plattformen und Standards wirken grenzüberschreitend. Internationale Zusammenarbeit ist deshalb unverzichtbar, um Systemlösungen skalierbar zu entwickeln, europaweit kompatible Standards und Schnittstellen zu etablieren und Best Practices zu teilen und regulatorische Rahmenbedingungen zu harmonisieren.
Plattformen wie TransformIT Europe spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie fungieren als neutrale Infrastruktur für Wissensaustausch, Pilotprojekte und internationale Vernetzung zwischen Kommunen, Technologieanbietern, Forschung und Energieversorgern auf Europa-Ebene.